Für den Weintrinker ist das wohl ganz normal, jeder Jahrgang ist anders. War zum Beispiel der 2010er ein Jahrhundertwein, kann der 2011er schon „ein rechter Sauerampfer“ sein. Für den Weissbiertrinker, der wie ich daran gewöhnt ist, dass nicht nur jedes Glas Schneider-Weisse gleich schmeckt, sondern sogar der Brauer in der 5. Generation Georg Schneider heisst, ist das verwirrend. Bei vielen und vielem wird das „limitiert sein“ als besonders positives Merkmal herausgestellt. So gibt es Zigarren in einer „Edicion Limitada“, wie zum Beispiel auch die neue Hausmarke von Georg Huber, oder den Dunhill Tabak BB1938, sowie diverse Whiskys in einer – auf so und so viel Flaschen – limitierten Destiller’s Edition.
Mir macht das eher Angst, als dass es mich zu Kaufen reizt. Was, wenn mir das jetzt besonders gut schmeckt? Was passierte mit dem wunderbaren spanischen Rosé, den ich einen Sommer lang beinahe täglich auf der Terrasse genossen habe? Im Jahr darauf, war er mit 50% Preisaufschlag unbezahlbar und noch ein Jahr später, immer noch teuer aber dafür schlecht? Will ich mich überhaupt auf etwas einlassen, was so klar und deutlich limitiert ist? Hätte mich meine Frau geheiratet, wenn Sie von vorne herein gewusst hätte, dass die Ehe vorbei ist, bevor sie sich endlich an meine Macken gewöhnt hat? Ich liebe Dinge, deren Konzept Beständigkeit ist. Das Parfum Nr. 10 von Knize in Wien, den Zaunerstollen, schottischen Whisky, eine Romeo y Julieta, Dunhill-Pfeifen, und Weißbier, die schönen Dinge, die es bitte für immer geben soll.
Natürlich kann es auch einmal mit etwas vermeintlich Ewigen vorbei sein. Auch ist grundsätzlich vorstellbar, dass der 6. Chef der Brauerei der Familie Schneider nicht „Georg“ sondern „Kevin“ heisst und nur noch fades Weissbier verkauft. Auch der 16 Jahre alte Lagavulin, könnte n ein paar Jahren nicht mehr genau so schmecken wie heute, aber das wäre dann eben ein Unfall, eine Tragik und nicht Teil des Konzepts.
Fast hoffe ich, dass mir die neue Zigarre vom Georg Huber nicht schmeckt, damit die Welt wieder in Ordnung ist und ich das rauchen kann, von dem ich zumindest hoffen darf, dass es immer für mich erreichbar sein wird. Sonst müsste ich eichhörnchenhaft zu sammeln beginnen und das ist für jemanden, der gerade im Umzug steckt, eine Horrorvorstellung.
Wie ist das bei Ihnen lieber Leser, beängstige sie das Leben mit der Limitiertheit auch oder reizt es sie gar vergängliche Dinge zu lieben?
Eine Antwort
Angesichts dieses Artikels fällt mir spontan das Dolomiti-Eis von Langnese ein. Das war als Kind mein absoluter Topfavorit aus dem für uns erschwinglichen Angebot an Wassereis am Büdchen (für Bayern simultan übersetzt: am Kiosk).
Schon allein, weil es für 60 Pfennig drei verschiedene Geschmacksrichtungen in nur einem (!) Eis gab. Dann war’s weg. Wie die Kindheit. Hat wohl keiner mehr gekauft, denn die Sortimentbereinigung ist ja meist dem geschuldet, dass sich für ein Produkt kein Markt mehr findet.
Vergangenes Jahr war es wieder da, zwar anders, aber irgendwie schon. Und jetzt ist es irgendwie schon wieder weg. Zumindest an den üblichen Wassereisverkaufsstellen sehe ich es schon nicht mehr. Kauft wohl keiner.
Also: Vergängliches lieben, solange es das gibt. Und das inensiv.
Dann in der Erinnerung vergolden und was Neues entdecken.