Ums verrecken will mir nicht mehr einfallen, wie ich auf diesen Künstler und auf diese Platte aufmerksam wurde. Ich weiss nur, wie ich verzweifelt versucht habe, an einen vernünftigen Musikträger zu gelangen. Es gibt das Album bei uns nämlich nur als Download, nicht als CD und die Vinyl hatte, sage und schreibe, über sechs Wochen Lieferzeit. Das Vertriebskonzept des norwegischen Labels ist in etwa so: „Solltest du mal wieder nach Deutschland kommen, vielleicht zum Oktoberfest, auf den Nürnberger Christkindlesmarkt oder so, dann nimm doch eine Platte von Steinar mit, die hat so ein Typ in Nürnberg bestellt, das wäre ganz super, danke! Und du musst auch nicht sonderlich vorsichtig damit umgehen …“Skandinavische Gelassenheit, wie ich sie bei so vielen Künstlern aus dem Norden so liebe, bei Tord Gustavsen, Bottleneck John und eben auch Steinar Raknes.
Der Name klingt im ersten Moment nach Neonazi-Klamotten, oder der genialen Verballhornung derselben von den Jusos, aber Steinar ist ein ganz geläufiger Name in Norwegen. Raknes ist ein sehr bekannter Jazz-Bassist und Sänger, der auch mit einigen Größen der Szene zusammengespielt hat (Chick Corea, Michael Brecker, Bobby McFerrin and Per Texas Johansson) und 2012 sein eigenes Album „Stillhouse“ herausgebracht hat.
Auf Stillhouse spielt er zum größten Teil Coverversionen aus Pop, Rock, Jazz und Country auf dem Kontrabass und singt dazu. Bei einigen Stücken wird er auf der Mundharmonika Mickey Raphael (wir kennen ihn von Willie Nelsons Band) und den mir persönlich nicht bekannten, aber wirklich tollen, norwegischen Sängerinnen Solveig Slettahjell und Unni Wilhelsen begleitet.
Im Wesentlichen hören wir einen ruhigen akustischen Bass und ein bisschen Gesang, das ist alles, würde jemand sagen, der die Musik über Spotify auf seinem Handy hört. Spielt man allerdings die Vinyl auf einem vernünftigen Verstärker mit ordentlichen Boxen, dann ist man des Atems beraubt und wird nie wieder, nie wieder, den berühmten kürzesten Musikerwitz erzählen.
Sie kennen den gar nicht?
Na, gut eigentlich wollte ich ihn ja nie wieder erzählen, aber weil Sie es sind, ein letztes Mal:
„Trifft ein Musiker einen Bassisten.“
Ja, das war es schon.
Ich sag ja, wenn man Steinar Raknes gehört hat, dann ist er nicht mehr lustig.
Bestellen Sie diese Platte, üben Sie sich in Geduld, versuchen Sie das Allzeitverfügbare in der globalisierten Welt hinter sich zu lassen und freuen Sie Sich umso mehr, wenn die Vinyl dann endlich bei Ihnen eintrifft. Dann gibt es nur noch eines, behutsam die die Sandkörner der Fjorde aus den Rillen blasen, einen schönen rauchigen Islay einschenken und während Sie sich Zwerchfell und Milz von den wirklich fetten Bässen massieren lassen, rauchen Sie einen milden dänischen Virginia Tabak, vielleicht einen Orlik Golden Sliced, oder den Pfeifen-Huber Honeydew. Sie werden die Nordsee schmecken, die Schären riechen und völlig entspannen.