Spätestens seit Oskar Maria Graf weiss man, dass in Oberbayern und speziell in München die Geisteshaltung eines königstreuen Anarchisten keinen Widerspruch darstellt. Einerseits die wohlige Ergriffenheit, die durch einen starken Herrscher ausgelöst wird und zugleich der nicht zu bändigende Wunsch nach unbedingter Selbstbestimmung. Zusammengefasst wurde das durch den spöttischen Ausspruch: „Die Bayern wünschen sich eine Anarchie mit einem starken Anarchen.“ Die meisten der Königstreuen verehren hierzulande den Märchenkönig Ludwig II, aber das ist wie mit dem FC Bayern, der ist nur für die Provinzler der Star. Das Herz des urbanen Münchners schlägt für den Aussenseiter und so besuche ich bei meinen Spaziergängen durch die Landeshauptstadt gerne meinen Monarchen in der Briennerstraße: den Prinzregenten.
Sein Vater König Ludwig I gestaltete die Stadt mit seinen Architekten Klenze und Gärtner zu einem Isar-Athen. Grosse Bauwerke erhoben die kleine Provinzstadt zur grosskotzigenen Kulturhauptstadt. Sein Bruder Maximilian II, der dem Vater auf den Thron folgte, förderte vor allem die Wissenschaften, während dessen Sohn und der Neffe Luitpolds, Ludwig II München völlig vernachlässigte und sich ausschliesslich seinen Schlössern widmete.
In der Zeit in denen der Onkel als Prinzregent die Verwaltung des Landes übernahm, blühte München erst richtig auf. Er war ein braver, ein volkstümlicher Mann der die Künste liebte. Er besuchte moderne noch unbekannte Künstler in ihren Ateliers und sorgte so für die nötige Publicity, der Jugendstil gedieh unter seinen fördernden Händen und die Schwabinger Boheme machte sich auf, die Kunst und Literaturgeschichte zu erobern. Die Prinzregentenzeit ist es, die man als die gute, alte Zeit bezeichnet, eine konstitutionelle Monarchie mit einem umsichtigen, fleissigen und kunstsinnigen Repräsentanten. Was wenige wissen ist, dass er das Studienrecht für Frauen einführte. Ich sage ja, ein moderner und gerechter Mann.
Es gibt viele Orte an denen der München Flaneur dem Monarchen begegnet. Als Namensgeber der Prinzregentenstraße, als Reiterstandbild vor dem Nationalmuseum, aber gerade das scheint mir, ihm nicht gerecht zu werden. Am liebsten mag ich seine Büste in der Briennerstraße, vor dem Café Luitpold. Da steht ein unscheinbarer Brunnen auf dem Herrscher würdevoll und streng aber auch irgendwie gütig auf seine Untertanen blickt, gestaltet vom Bildhauer Josef Henselmann. Im Café befindet sich seit ein paar Jahre ein kleines Museum und selbstverständlich bekommt man dort auch eine hervorragende Prinzregententorte. Die mit Schokolade überzogene Torte besteht aus acht mit Schokoladenbuttercreme bestrichenen Schichten Bisquit. Sie ist so etwas die Sachertorte der Münchner, aber leider weder so berühmt, noch so köstlich …
Wer mag kann gleich ums Eck noch einen Abstecher in die Theatinerkirche machen, wo der Wittelsbacher Herrscher mit seiner Familie in der Fürstengruft zur ewigen Ruhe liegt. Zur Zeit ist St. Kajetan, wie die Kirche eigentlich heisst eingerüstet, aber innen erstrahlt sie in in ihrem ganzen bay’risch-barocken Glanz.
Nur bei einem bin ich mit dem Prinzregenten so überhaupt nicht auf einer Linie. Beim Weißwurstessen machte der Monarch gleich einem Pathologen einen gerade zu schaurigen Längsschnitt durch die Wurst. Wenn einer seine Wurst mit diesem „Prinzregentenschnitt“ zerteilt, dann schüttelt’s und schaudert’s mich und bin vielleicht doch froh, dass wir nicht mehr in einer Monarchie leben.
2 Antworten
So eine Lubhudelei auf einen Königsmörder, der mit dem Geld der Preußen den Kini aus dem Weg geschafft hat…
Sooo traurig.
Ich mag die Flanierei durch München, erinnert mich stark an Sigi Sommer, weiter so.
Und Königsmörder, wohl ironisch gemeint.