Wenn ich als Münchner in München auf eine Biermesse gehe, erwarte ich natürlich, dass nur die Münchner Biere wirklich bemerkenswert sind. Schließlich haben wir das Bier erfunden, das Reinheitsgebot gleich mit und überhaupt. (Alles außer dem „überhaupt“ stimmt nicht, ist aber gefühlt so.) Allenfalls könnte noch ein fränkisches Bier meinen Gaumen erfreuen, aber bestimmt kein ausländisches oder gar amerikanisches. Amerikanische Biere werden ausschließlich aus Dosen und dann immer direkt im Sechserpack aus einer Papiertüte heraus getrunken. Sie haben den Alkoholgehalt eines umgegangen Almdudlers und heißen deshalb auch „Arsch-leicht“ oder so.
Weil die beiden „Dudes“ aus Kalifornien auf der Braukunst Live an dem kleinen Stand mit den bunten Bildchen so freundlich waren und wir Münchner ja unglaublich weltoffen und kontaktfreudig sind, habe ich sie gleich einmal angesprochen und ein Schwätzchen gehalten. Eines ihrer Biere hatte ein knallbuntes Label mit einer Kröte vor Sonnenuntergang. Es war ein Imperial IPA mit dem knackigen Namen Lizard’s Mouth. Wir waren gerade erst auf der Biermesse im MVG Museum angekommen und das goldgelbe, schäumende Ale war das erste an diesem Tag. Das unerträgliche Gedrängel um mich herum nahm ich auf einmal nicht mehr wahr, als ich meine Nase tief in das Probierglas steckte. Die Aromen überwältigten mich schlicht. Ich roch zuerst grünen Apfel, dann Trauben und schließlich sogar Passionsfrucht. Ich sah den Junior-Chef der Figueroa Mountain Brauerei skeptisch über den Rand meines Glases an. Ich brachte es kaum fertig meinen Riechkolben aus der köstlichen Aromawolke zu ziehen. Schließlich trennte ich mich doch kurz von dem tropischen Frucht- und doch eindeutigen Biergeruch. „Ist das nur Bier?“ fragte ich? Der freundliche junge Amerikaner nickte entschieden. „Also Bier, like we call it beer, also only water hop and malt“ radebrechte ich. Jamie Dietenhofer nickte wieder und ein leichtes Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Ich glaubte, vertraute ihm und trank einen kräftigen Schluck. Die Früchte verschwanden ganz kurz, es war Bier! Bitter, voll, unglaublich gehaltvoll und dann kamen die Früchte zurück. Eine Geschmacksexplosion – was für ein Gesöff! Ich war sprachlos.
Was soll ich Ihnen, liebem Leser sagen, ich probierte an diesem Abend noch einige Biere, gute Biere, langweilige Biere aber auch weitere hervorragende Biere, aber eines „probierte“ ich mindestens alle halbe Stunde: Das Lizard’s Mouth, imperial IPA. Der Name leitet sich, so recherchierte ich später, von einer wie ein Reptilien-Maul aussehenden Felsformation bei Santa Barbara. IPA ist die Abkürzung von Indian Pale Ale, einem Bier, dass die Engländer und Schotten während der Kolonialzeit mit nach Indien nahmen. Es ist mehrfach gehopft und viel alkoholhaltiger als normales Bier. Es konnte dadurch die lange Schiffspassage und die Hitze in den Kronkolonien überstehen, ohne zu verderben. Eigentlich sollte es dann dort im Verhältnis 1:1 mit Wasser verdünnt werden, aber ich halte jede Wette, dass das jeder Brite genau einmal probiert hat. 9,2 Prozent Alkohol hat das Lizard’s, das ist fast das doppelte von einem Augustiner Hell.
Diese Brauart wird gerade von den so genannten Micro-Brewerys besonders gerne für ihre Craft-Biere verwendet. Mit dem Verfahren des mehrfachen Hopfens mit unterschiedlichen Aroma-Hopfensorten können, ohne gegen das Reinheitsgebot zu verstoßen, vielfältige Aromen in das Bier eingebracht werden. Da Alkohol auch ein Geschmacksträger ist, hilft die Stärke des Bieres auch noch mit, den Gaumen zu verwöhnen.
Diese Biere sind jetzt nichts gegen den großen Durst, da gibt’s für mich nichts Besseres als eine schönes Unertl Weißbier – am besten das aus Mühldorf. Sie sind Genussgetränke, wie Wein oder Whisky … riechen, nippen, schmecken, selig lächeln.
Jetzt suche ich nur noch nach einem Importeur für diesen wunderbaren Gerstensaft. Sollte einer von Ihnen wissen, wo man das Bier in Deutschland beziehen kann … einfach die Kommentarfunktion nutzen.
Eine Antwort
Servus Alexander,
das Lizard Mouth Imperial IPA war definitiv eines der besten Biere, die wir am Freitag Abend probiert haben. Noch mehr hat mich eigentlich nur der Barley Wine (Brauerreserve 1237) der Miltenberger Brauerei Faust begeistert. Das war ganz grosse Klasse! Unglaublich, was im Rahmen des Bayrischen Reinheitsgebots möglich ist.
Liebe Grüße nach FFB
Roland