Fragt man mich nach meinen Leidenschaften, dann muss ich mit einer Gegenfrage antworten: „Hast du denn a Bisserl Zeit?“ Es sind ihrer so viele und mit welcher soll ich beginnen? Zum einen sind es natürlich schöne Frauen, überhaupt die Liebe und die Kunst. Aber auch die Münchner Weißwurst und das Weißbier sind echte, brennende Leidenschaften. Die Berge, das Meer, überhaupt die Natur (wenn ich sie alleine geniessen darf) … Meine Heimatstadt München, Musik, Literatur, Pfeife rauchen, Philosophie, Bars, Cocktails, Tweedanzüge, … Mein Gott, es wäre einfacher aufzuzählen, was ich nicht leidenschaftlich liebe und betreibe. Aber das weiss der Leser meines Blogs natürlich; es sind doch meine Leidenschaften, über die ich an dieser Stelle immer wieder schreibe.
Die Blogparade der Ironblogger München stellt mich nun vor das Problem, mich für eine entscheiden zu müssen. Vor mir hat Matthias Lange einen wunderbar, nostalgischen Artikel über seine Leidenschaft zu altertümlichen Spielkonsolen geschrieben. Kinder der frühen Achtziger, wie auch ich, werden ganz viele Parallelen zum eigenen Erleben des ersten digitalen Lebens finden.
Ich glaube der erste Auslöser für meine Leidenschaft für die Druckgrafik war, dass ich als Kind einen alten schwarzweiss Film über den jungen Edison sah. Seine vielen Erfindungen interessierten mich deutlich weniger als eine Druckerpresse, die er in diesem Film benutzte. So eine Presse wünschte ich mir zum Geburtstag und bekam von meinen Eltern statt dessen einen Satz Stempelrohlinge mit Gummibuchstaben zum selber reinfummeln. Das war zwar nicht genau dass, was ich mir vorgestellt hatte, ich verstand allerdings schon genau, warum man dem chaotischen Dreckspatz keine riesige Presse schenken konnte. Ich druckte also los. Ich schrieb kurze Texte, stempelte sie auf mehrere Seiten, friemelte die Buchstaben wieder heraus, setzte neu und stempelte weitere Seiten, die dann als Heftchen gebunden wurden. Irgendetwas immer und immer wieder produzieren zu können begeisterte mich, warum auch immer, ich weiss es bis heute nicht. Die Tatsache, dass ich als ungefähr Achtjähriger nicht wirklich viel mitzuteilen hatte, ernüchterte mich etwas und meine Karriere als Zeitungsverleger begann sehr schnell ins Stocken zu geraten.
Deutlich größer war meine bildnerische Ausdruckskraft und so begann ich mich nach einer Möglichkeit umzusehen, Bilder drucken zu können. Mein Vater lieh mir sein altes Linolschnitt Besteck und ich schnitt Linolplatten, Holzbrettchen, Kartoffeln, Plastilin, meine Finger … ich druckte, druckte und druckte. Bilder, dazu immer wieder Textschnipsel mit meinem Stempelsatz und war glücklich.
Mein künstlerisches Vorbild war lange Zeit Andy Warhol, dass dieser Siebdruck verwendete und ich eine sehr primitive Hochdrucktechnik, störte mich nie. Ich probierte später in der Schule auch diese Technik sowie die Radierung, also den Tiefdruck, aber das konnte mich nie so sehr fesseln, wie mein Linolschnitt. Meine späteren Idole waren Henri de Toulouse-Lautrec, der das Nachtleben und die leichten Mädchen mit Steinplatten druckte und die gröberen, expressiven Arbeiten in Holz der Brücke Künstler Heckel und Kirchner.
Meine Facharbeit im Leistungskurs Kunst enthielt natürlich auch Linolschnitte. Gezeichnete Hände und gedruckte Gesichter: Illustrationen zu Goethes Faust.
Die Linolplatte als Trägermaterial für meine Schnitzereien wurde schon bald durch das viel interessantere Holz abgelöst. Holz ist zum einen ein wunderbarer Werkstoff, voller Wärme, Struktur und Leben, als auch viel besser für Details geeignet, allerdings auch sehr viel schwerer zu bearbeiten.
Die japanische Technik des Farbholzschnittes, die ja ohne Druckerpresse auskommt und eine echte Vielfarbigkeit zulässt, entdeckte ich erst vor einigen Jahren und man kann ohne Übertreibung sagen, das war für mich die Erfüllung meiner Leidenschaft. Jetzt kann ich das Drucken, was ich sonst nur malen konnte. Schöne Frauen, Landschaften, Berge, Almhütten so farbig und so wild oder auch so filigran, wie ich es für richtig halte.
Das ist meine wahre Leidenschaft und damit übergebe ich in der die Blogparade – mit einem leise gesummten bayrischen Defiliermarsch – an meine Bloggerkollegin Nadine Ormo mit ihrem sehr lesenswerten Blog Kulturnatur.de