Von meiner Liebe zum Kännchen Kaffee habe ich ja schon einmal berichtet. Sie resultiert nicht nur aus meiner Unfähigkeit, endlich einmal die Dichtung in meiner Siebträgermaschine zu tauschen, aber zum Teil – muss ich zu meiner Schande gestehen – schon auch. Meine neueste Möglichkeit mich um die lästige und leider sehr aufwändige Reparatur zu drücken, ist meine neue Karlsbader Kanne. Sie ist – wie der gewitzte Leser sicher schon selbst vermuten konnte – nach dem böhmischen Kurstädtchen Karlsbad benannt.
In den glorreichen (Kaffeehaus-)Zeiten während der K.u.K. Monarchie, wurde diese Art der Kaffee-Zubereitung in den Wiener Kaffeehäusern noch häufig angeboten. Er ordnete sich dort als sogenannter „Karlsbader“ in die legendäre Spezialitäten-Reihe „Melange“, „Brauner“ und „Einspänner“ ein. So wie der Glanz des einstige Nobel-Bades Karlsbad fast gänzlich verschwunden ist, welches nun unter dem tschechischen Namen Karlovy Vary leider nur noch russische Oligarchen in Jogginganzügen mit Ihren bunt bemalten Sexarbeiterinnen beherbergt, so ist auch der „Karlsbader“ aus den Kaffeehäusern in Wien und den ehemaligen Kronländern verschwunden.
Die Karlsbader Kanne gehört zur Klasse der sogenannten „Seihkannen“ Auf der eigentlichen Kaffeekanne, sitzt ein Filteraufsatz, in den das Kaffeepulver eingefüllt wird, in welches dann das heisse Wasser gegossen wird. Im Unterschied zum Filterkaffee läuft der Kaffee in dem Aufsatz nicht durch einen Papierfilter, sondern eine beeindruckend kunstvoll aus Porzellan gearbeitete Kreuzstruktur hält das Kaffeepulver zurück. Dadurch kann das Aroma unverfälscht in die untere Kanne gelangen.
Die Bayreuther Porzellanmanufaktur Walküre stellt die Karlsbader Kanne seit dem Jahre 2007 wieder in drei Größen her, von denen ich die mittlere besitze.
Nachtrag 01/2020: Leider ist die Bayreuther Porzellanmanufaktur inzwischen insolvent. Sehr, sehr schade …
Der Kaffee sollte sehr grob gemahlen und das Wasser nur in kleinen „Schlucken“ in den Seiher über dem Filteraufsatz gegossen werden, sonst gibt es schnell eine gescheite Sauerei. Der recht grosse Aufwand, den man ruhig auch als zen-meditativ bezeichnen könnte, wird durch einen enorm sanften und aromatischen Kaffeegenuss belohnt. Anders als die bescheuerten Aluminium Kapseln vom Clooney Schorsch und dem Nestle Konzern ist die Zubereitung äußerst umweltfreundlich, nachhaltig und preisgünstig, auch wenn man, wie ich nur die aller Besten Bohnen verwendet. (Nein, ich meine damit nicht die Krönung mit dem Verwöhnaroma)
Mein Lieblingskaffee Monsooned Malabar wird von Felix Hasmiller (Mellowbeans) in Fürstenfeldbruck liebevoll von Hand geröstet. Aber Sie haben sicher auch eine guten Röster vor Ort, oder Sie richten Herrn Hasmiller einen schönen Gruß von mir aus und bitten ihn, auch Ihnen den Kaffee zuzusenden, vielleicht klappt es ja …
In jedem Fall ist die Karlsbader Methode die wahrscheinlich beste und stilvollste Art ein Kännchen Kaffee zu geniessen, ob nun draussen oder auch drinnen und immer eine Alternative, wenn Sie sich wie ich vor der lästigen Reparatur Ihrer italienischen Kaffeemaschine drücken wollen.
4 Antworten
Sehr schön … liest sich wie etwas, das ich unbedingt kaufen muß! Aber: erkläre doch bitte den Unterschied zur Bayreuther Kaffeekanne, damit ich die richtige Kaufentscheidung treffen kann. Immer diese „halben Sachen“, bitte mehr Sorgfalt auf die Berichterstattung verwenden!
Die „Bayreuther Kaffeekanne“ entspricht technisch – soweit man bei echten Low-Tec-Gerät wie diesen – überhaupt davon sprechen kann, der Karlsbader des Herstellers. Ein für mich eklatanter Unterschied findet sich im Design. Während die Karlsbader mit ihrer barocken und zugegeben etwas oma-haften Bauchigkeit ein wunderbar handschmeichlerisches Stück grosser fränkischer Porzellanarbeit ist, empfinde ich die pseudo-modern an Designsünden der achtziger Jahre von Luigi Colani oder Leonardo-Services erinnernde Bayreuther, als unerträglich. Aber entscheide nach einer Google Bildersuche nach „Bayreuther Kaffeekanne“ selbst 😉
Danke, geht doch. Ja, in der Tat-die Karlsbader Kanne entspricht auch meiner Vorstellung von „gemütlichem“ Kaffeegenuß, wenn es denn mal nicht die 2-Kreiser Siebträger sein kann. Auch den Düll`schen L-Kuchen kann ich mir dazu vorstellen, wenn ich denn vom Tee mal abweichen sollte. Und dieser dann endlich eintrifft, leider nicht altbacken durch den Postillion, sondern durch GLS, immerhin kosten da die Versandkosten die Hälfte.
Ein schöner Hinweis auf Seihkannen, wenngleich ich gestehen muss, dass die „Bayreuther“ im Vergleich die zeitlosere Kanne ist. Schade, dass niemand das Design der Seihkanne von Marianne Brandt aufgreift, die 1924 die runde Kanne mit einem gradlinigen Aufsatz kombinierte: https://plus.google.com/+MichaelKausch/posts/RasybeMdqbo.