Warum ich Druckgrafik sammle?
Eigentlich müssten wir mit der grundsätzlichen Frage anfangen, warum man überhaupt Kunst sammeln sollte. Lassen Sie mich vereinfachen: Die einen haben leere Wände, die sie schmücken möchten, die anderen mehr Kunst als Wände. Die einen dekorieren, die anderen sammeln.
Erschreckend dabei ist, dass in vielen Wohnungen gar keine Kunst mehr hängt. Da hängen Familienfotos, Poster oder das, was im Möbelhaus und Baumarkt als Wanddekoration feilgeboten wird. Zum Teil liegt das daran, dass das kultivierte, gebildete und kunstsinnige Bürgertum immer mehr ausstirbt. Wohlstand ist immer weniger mit dem Grad der Bildung und Kultur des Einzelnen verknüpft, sondern vielmehr von der Fähigkeit zur Anpassung an und Spezialisierung auf den Arbeitsalltag abhängig.
Auch die Kunst selbst hat natürlich einigen Anteil an ihrem Bedeutungsverlust in der Gesellschaft, aber das ist ein anderes Kapitel, was ich ein andermal beleuchten möchte.
Kunst ist für mich als Sammler eine Möglichkeit, Schönheit und Erhabenheit in mein Leben zu lassen. Das kommt Ihnen sehr dick aufgetragen vor? Ja, genau so meine ich es.Ein Künstler hat etwas dargestellt, was mich in irgendeiner Form berührt, und das möchte ich um mich haben, ein Teil davon werden. Das Gemälde, im besten Fall großformatig und in Öl ist natürlich die Königsdisziplin. Aber habe ich dafür Budget und Wandplatz? Der Blogger und Kunstsammler Don Alphonso zum Beispiel, kämpft gegen das Platzproblem mit einer ausufernden Petersburger Hängung. Bei mir sind die „großen Wände „schon mit eigenen Werken zugehängt. Man könnte natürlich auch Miniaturen, kleine Lupen- oder Elfenbeinmalereien als Lösung dieses Problems ins Auge fassen, aber die sind eben nicht jedermanns Sache und das Geldproblem löst sich damit auch nicht wirklich.
Die Druckgrafik, die sich seit dem 14. Jahrhundert zunächst als Reproduktionsmedium entwickelt hat, wurde sehr schnell zur künstlerischen Druckgrafik und damit zu einer eigenen Kunstform in der bildenden Kunst. Der Nürnberger Albrecht Dürer gilt als einer der ersten Künstler, die die Druckgrafik als eigenständige Kunstform betrieben. Holzschnitt, Kupfer- und Stahlstich, Radierung, die Lithografie (übrigens von einem Münchner erfunden) und der Siebdruck, um nur einige der Techniken zu nennen. Bei der künstlerischen Druckgrafik geht es nicht um billige Poster oder Postkartendrucke, sondern darum, mehrere Originale zu schaffen. Die Signatur des Künstlers, sei es durch Unterschrift oder Stempel, ist dabei ein mögliches Unterscheidungskriterium vom Reproduktionsdruck.
Das grafische Werk der Künstler war meist klein-formatig und für den kleinen Geldbeutel des einfachen Bürgers. Die Farbholzschnitte von Katsushika Hokusai zum Beispiel verkauften sich damals zum Gegenwert einer guten Nudelsuppe. Ob Dürer seine Drucke für „Drei im Weggla“ verkaufte, ist mir nicht bekannt. Die Auflage macht es möglich, dass ein Künstler seine Werke zu einem erschwinglichen Preis anbieten kann. So erschloss man sich eine neue Zielgruppe, denn vormals konnten sich nur Adel, Klerus und Großbürgertum Kunstwerke leisten.
Vielleicht habe ich ja mit diesen Zeilen Ihren Appetit auf die Druckgrafik geweckt, es würde mich freuen. Seien Sie ehrlich, Sie sind doch eigentlich schon zu erwachsen, um noch zwischen Postern, Baummarkt-Leinwänden und narzisstischen Schnappschüssen zu leben, oder? Illustriert habe ich diesen Artikel mit ein paar Stücken aus meiner eigenen bescheidenen Sammlung.