In einem vorhergehenden Beitrag habe ich sie bereits erwähnt und eine ausführlichere Erklärung versprochen: Die Schusterkugel. Viele Jahre habe ich nach einer solchen gesucht und seit ein paar Wochen habe ich ein wunderbares antikes, mundgeblasenes Exemplar mit wachsender Begeisterung im Einsatz. Die Schusterkugel basiert auf einem recht altertümlichen Trick (Life-Hack) das Licht von diffusen oder nicht ausreichend starken Lichtquellen zu bündeln und zu verstärken. Handwerker und Künstler in Zeiten vor der Erfindung des elektrischen Lichts hatten oftmals grosse Probleme ausreichend Licht für Ihre Arbeit zu finden. Die viel zu kleinen Fenster der Werkstätten und die langen Nächte im Winter erschwerten das Arbeiten, gerade da wo es auf Details ankam. Kerzen oder Öllampen waren damals die einzigen künstlichen Lichtquellen, die zur Verfügung standen. Aber erstens ist die Leistung einer solchen Beleuchtung eher als funzelig zu bezeichnen und zweitens ist es keine so gute Idee mit offenem Feuer allzu nah an brennbare Werkstoffe zu kommen.
Dieses Problem hatten sowohl die Schreiber, Zeichner, Holzschneider, als auch die Schuster, die ja ihre Zwirne mit Wachs oder Pech einrieben. Vermutlich waren es die Schuster, die zuerst auf die Idee kamen einen Glaskolben mit Wasser zu füllen und mit Hilfe der so entstehenden Lichtbrechung ein punktuelles Licht auf ihre Nähte zu werfen. Sichere historische Quellen habe ich für diese Behauptung nicht, aber ich denke der Name deutet eindeutig daraufhin.
Für mich, der durch die Gnade der späten Geburt, Zugang zu beliebig starken und kühlen Lichtquellen rund um die Uhr hat, ist der Einsatz einer antiquierten Schusterkugel trotzdem interessant. Anders als das direkte Licht von elektrischen Schreibtischlampen, seien es nun LEDs, Leuchtstoffröhren oder Glühbirnen, die sich darin als Leuchtmittel befinden, ist das Licht, welches durch die Schusterkugel fällt, sehr gerichtet, aber trotzdem weich. Das heisst die Grate, die ich beim Holzschneiden erzeuge, werfen deutliche aber doch weiche Schatten auf das umliegende Holz und treten dadurch optisch stärker hervor. Ein weiterer Effekt ist, dass nur eine kleine Fläche hell beleuchtet ist, was mir die Konzentration auf das eine, gerade zu bearbeitende Detail, erleichtert. Und natürlich nicht zu vergessen ist, dass ich einen Faible für antiquierte und schöne Dinge habe. Diese Liebe geht allerdings nicht so weit, dass ich tatsächlich eine Petroleumlampe hinter die Kugel stelle, wie ich das hier für die Fotos getan habe. Das wäre doch eine – selbst für mich – zu bizarre Rückwärtsgewandtheit, die an dem Ziel, möglichst guter Arbeitsbedingungen, deutlich vorbeiginge.
3 Antworten
Das hättest Du natürlich beim Umbau des Hauses gleich in die Decke integrieren können. So, wie es in den Slums Manilas schon Gang & Gäbe ist. Plastikflaschen sind ja sicherlich leichter zu besorgen als eine Wasserkugel. Aber im Ernst, welche Lichtquelle verwendest Du nun im Alltag?
Lieber Peter,
die Wasserflasche in der Decke basiert auf der genau umgekehrten Wirkung, das Licht wird in den Wohnraum gestreut. Ich benutze einfach eine Schreibtischlampe, direkte Sonne hatte ich in meinem Atelier bisher noch nie, was an den riesigen Laubbäumen liegt, vielleicht ja im Winter …