Ich vermute, dass einige meiner verehrten Leser das chininhaltige Tonicwater noch deshalb in ihren Gin geschüttet haben, um sich auf ihren Handelsreisen in die tropischen Kolonien vor der Malaria zu schützen. Für mich aber, als Kind der achtziger Jahre, war ein Gin Tonic die Disco-Plempe, die im Schwarzlicht genauso schön geleuchtet hat wie meine weißen Söckchen. Die Firma Schweppes hatte den Tonic-Markt so fest im Griff, wie die Post das Telefonmonopol und die Schweden die Streichhölzchen.
Das Ende der Monopole kam, aber das unerträgliche Schweppes Tonic Water wurde weiter in Gordons Dry Gin geschüttet. Aber das taugte weder zum Genussmittel, noch zur wirksamen Malaria-Prophylaxe. Das Ganze lag geschmacklich zwischen Wacholder-Limonade und dem Coregatabs-Genever-Gemisch, in das Jopi Heesters abends sein Gebiss eingelegt hat. Das änderte sich auch dann nicht, als man ein paar Jahre später Bombay Sapphire oder Tanqueray-Ten in die Drinks kippte. Erst der Hendricks mit einer schönen langen Gurkenzeste vermochte das Gesöff einigermaßen trinkbar zu machen. Ich bevorzugte diesen Hendricks-Tonic allerdings immer noch ohne Tonic.
Der alte englische Arbeiter-Fusel, den die Kolonial-Herren in den Tropenholz-Gentlemen-Clubs in Indien für sich entdeckt hatten und der in den Achtziger Jahren neben dem Wodka-Lemon der Standard Disko Longdrink war, kam nach der Jahrtausend-Wende nochmal so richtig in Mode. Vom Schwarzwald über Schwabing bis in den Bayerischen Wald, überall wurde auf einmal Gin destilliert, mazeriert und gecraftet. Die Preise dieser neuen exklusiven Gins wie Monkey 47, Duke usw. waren um einiges höher als die Qualität es rechtfertigte, aber der richtige Weg war immerhin schon einmal eingeschlagen.
Für ein Revival des Gin Tonics war allerdings noch eine neue Generation Chinin-Kracherl notwendig. Die kam kurze Zeit später in Form von Thomas Henry, Fentimans und Fever-Tree, um nur die Bekanntesten zu nennen.
Die Mathematiker unter uns können jetzt einmal folgende Rechnung aufstellen: Eine gute Bar hat zur Zeit etwa 50-60 Gin-Sorten und ca. 12 Tonics. Wieviele Gin Tonic-Kombinationen gibt es?
Während sie noch rechnen, verrate ich euch meine absolute Nr.1.
GIN SUL / FEVER-TREE Mediterranean – Furztrocken, wie ein fränkischer Staubsauger äh Boxbeutel, bitter wie eine gute Malaria Medizin schmecken sollte, mit leichter Zitrose-Zitronen-Note.
Der Gin Sul kommt aus Hamburg Altona und wird von ihrem Distiller Stefan Garbe mit frischer portugiesischer Labdanum-Zistrose (cistus ladanifer) und fingerdicken Zitronenschalen von eben dort mazeriert. Seine Noten sind weniger Wachholder, als Zitrus und kann auch wunderbar als Sipping-Gin ohne Tonic genossen werden. Das Fever-Tree ist bitter und trocken und mit vielen floralen, mediterranen Tönen, perfekt zu den Kräutern von Portugals Atlantikküste.
Ein Gin Tonic schmeckt am besten in einem Verhältnis 1:1 maximal 1:1,5. Verwässern Sie den Drink niemals mit zu viel Tonic oder gar mit schlechtem Eis – tödlich ist auch lauwarmes Tonic, welches die Eiswürfel zu schnell zum Schmelzen bringt. Der Gin hat Zimmertemperatur, das muss mit extrakaltem Tonic dringend ausgeglichen werden. Serviert wird der Longdrink in einem hohen Highball- oder Collinsglas auf Eis mit Zitronenzeste.
Kenner bestellen in ihrer Lieblingsbar einen Gin-Sul-Fevertree, schütten die halbe Flasche Tonic ins Glas und bitten den Barkeeper, die angebrochene Flasche zu verschließen und für den nächsten Gin kalt zu halten. Sie geben sich damit als Connaisseur zu erkennen und erhöhen Ihre Chancen, irgendwann einmal eine weitere Gin Tonic-Variante „auf’s Haus“ probieren zu dürfen.
Welcher Gin Tonic ist Ihre Nr. 1? Ich freue mich auf Kommentare und Anregungen. Wohl bekomm’s!