Fast drei Jahre dauert die Renovierung, das Gebastel und Geräume in meinem neuen Atelier schon an. Da es jetzt im Prinzip bezugfertig ist – denke ich – ist der geeignete Augenblick Ihnen einen ersten Einblick zu gewähren. Als wir es bekommen haben, war es – formulieren wir es einmal vorsichtig – etwas unaufgeräumt. Ein Gartenhaus, gebaut in den 1960ern, seit über dreissig Jahren nur noch Abstellkammer. Es ist circa 60 Meter vom Haupthaus entfernt und liegt ganz ruhig und lauschig direkt am Pegnitzgrund in Nürnberg. Es ist fest und stabil gemauert und hat einem mitteltrockenem Kellerraum. In der Fläche ergeben sich zweimal 15 qm (3 m x 5 m). Das könnte natürlich mehr sein, zur Zeit habe ich um einiges mehr Platz zur Verfügung, aber eine Verteilung auf zwei Ebenen ist ideal, so kann ich die schmutzigen, staubigen Arbeiten mit den Maschinen im Keller und die sauberen Handarbeiten oben verrichten.
Kurz, die Lage ist ein Traum, das Gebäude sehr gut geeignet, allerdings gibt es viel zu tun. Einige schönere alte Gartengeräte werden eingelagert, der Rest kommt auf den Wertstoffhof. Als nächstes gilt es die modernen Baustoff-Errungenschaften der 70er zu entsorgen. Das Dach ist komplett mit Eternitplatten gedeckt – also Asbest. Das kann man leider nicht einfach in den gelben Sack werfen, das Zeug ist hochgradig carzinogen, cancerogen, krebserregend (kann mich gerade nicht für ein Wort entscheiden) Ganz miese Drecksplatten, die ich für Unsummen von einem Dachdecker entsorgen lassen muss, der mich mit der Zusendung von fünf verschiedenen Zertifikaten und Schulungsbestätigungen überzeugt, für dieses Himmelfahrtskommando der Geeignetste zu sein.
Es kommen also Dachdecker oder besser Entsorgungstechniker in weissen Overalls, mit Atemschutz, Handschuhen und allem Pipapo. Die Jungs sehen aus wie eine Mischung aus Spurensicherung von CSI-Wasweissich und Astronauten, vielmehr Kosmonauten – es sind alles Ossis. Die Platten, werden in Säcke verpackt und dann irgendwo verscharrt bzw. deponiert, Salzbergwerke, Gorleben, ich habe nicht nachgefragt. Keine Ahnung warum ich das bezahlen muss und nicht der Hersteller von dem Scheissdreck.
Naja, ich bekomme dann noch von dem Raumfahrern ein neues Aluminium-Wellblech-Dach, glänzend und in der Sonne funkelnd. Es wäre der ganze Stolz für jede noch so anspruchsvolle Favela-Behausung. Als ich dann ein paar Tage später die Innendämmung herunterreisse, kommt mir der ganze Asbeststaub gemischt mit fauligen Pilzsporen aus den Dachbalken entgegen. Das Special-Entsorgungs-Team hat das neue Dach, ohne zu Reinigen, einfach auf den alten Dreck geschraubt. Super, ich hab natürlich keinen Raumanzug! Einige Stunden Naßsaugen und Dampfstrahlen später stehe ich ununterbrochen hysterisch hustend mit einem kindskopf-grossen Lungenkarzinom vor einem strahlend sauberen Hütterl.
Ich habe einen Maurer angeheuert, der ein Fensterloch – zum Wiesengrund hin – aus der Mauer bricht, während ich unter seiner Anleitung das Dach von innen mit Glaswolle dämme. Feinstaub, Glasfasern – meine Lunge ist ohnehin kaputt, was habe ich noch zu verlieren? Ich sinniere schon, ob es viel mehr mein Mausoleum als mein Atelier werden wird. Hatte ich schon erwähnt, dass ich in manchen Situationen zu einer gewissen Hypochondrie neige?
Danach schraube ich Fichtenpanelen – die günstigsten – im Stil eines 1980er Jahre Hobbykellers an die Decke. Mein Akkuschrauber, der – laut eigentlich allen – der beste der Welt sein soll, ist zugleich auch der schwerste der Welt und lähmt mir die Arme, so dass ich mich Abends fühle, als hätte ich die Decke der Sixtinischen Kapelle bemalt. Niemand hat versprochen, es würde leicht werden.
Das Atelier riecht jetzt wie eine Almhütte und schaut (innen) auch ein Bisserl so aus … was will der passionierte Almhütten-Maler mehr? Einen Holzboden, leider konnte ich einen solchen nicht verlegen, weil der Bodenaufbau dann zu hoch für die – ohnehin nur für Zwergenmenschen konzipierte – Tür geworden wäre. Es wird also nur ein Foto von einem Holzboden ausgerollt. Eigentlich bin ich ja der Meinung nur Holz sollte aussehen wie Holz und nur Stein sollte wie ebensolcher, aber wie sieht bitte schön PVC aus?
Es gibt Böden mit unterschiedlichen Holzdekoren, Fliesenattrappen, Steinmuster, eigentlich mit Fotos von fast allem. Mit meiner Frage nach einer Original-PVC-Optik überfordere ich den Verkäufer im Baumarkt. Ich nehme daraufhin einfach den Billigsten, das hat er jetzt davon.
Weisseln, Fenster streichen, fertig! Ac ja das neue Fenster ist ein altes Gaubenfenster aus dem grossen Haus, das kommt dort noch einmal zu Ehren. Als nächstes Projekt nehme ich mir vor, den Keller zu trocknen und zu dämmen, irgendwann wird mir der Elektriker noch den Strom anschliessen, bis dahin werde ich das schöne Licht meiner alten Petroleumlampe aus meinem aller ersten Atelier am Ammersee geniessen.
2 Antworten
Servus Alexander,
ruhig Blut. entspann Dich! Gegen die ganzen Latakiadämpfe, die Du in unserer Runde beim Huber, im Landhaus oder in Bodo’s Club einatmest, sind die Asbestreste, Pilzsporen und der Glasfaserstaub nur Marginalien. 🙂
Aber Spass beiseite, ein tolles Atelier hast Du Dir da geschaffen!
Liebe Grüße nach FFB/N
Roland
Hallo Alex! Dein Atelier ist wirklich traumhaft geworden. Ich hoffe, dass du noch viele weitere Bilder von tollen Renovierungen posten wirst. Gib nicht auf, denn einfach ist es nie, aber für das Ergebnis lohnt es sich!