Der Münchener Flaneur

Sigi Sommer "Also sprach Blasius" Verlag R.S. Schulz
Sigi Sommer „Also sprach Blasius“ Grafik Ernst Hürlimann – Verlag R.S. Schulz

Die Bayern und damit auch wir Münchner hatten immer schon ein besonders gutes Verhältnis zu Frankreich. Das lag unter anderem auch an der Bewunderung unseres König Ludwigs II für den Sonnenkönig. Sogar einen Krieg hat es gegeben, in dem die bayerischen Armeen zusammen mit den Franzosen gegen die Preussen gekämpft haben. Die Preussen und Österreicher haben uns dann dafür später unsägliche Kriege unter anderem auch gegen die Franzosen aufgezwungen.
Obwohl es unter König Ludwig I noch das „Isar-Athen“ war und inzwischen als die nördlichste Stadt Italiens verklärt wird, ist noch viel französisches in meiner Heimatstadt. So ist die Feldherrnhalle vis á vis vom Siegestor, eines unserer Nationalgerichte heisst Böfflamott und man flaniert hier ganz legére übers Trottoir, während der Preusse über den Bürgersteig eilt. Überhaupt ist das Flanieren schon lange nicht mehr nur französisch. Nicht nur Baudelaire, Flaubert und Proust beschrieben den ziel-  und planlos Umherspazierenden, nein wir haben zum Beispiel im Sigi Sommer einen ganz eigenen literarischen Flaneur, der in seiner Figur „Blasius der Spaziergänger“ fast vierzig Jahre das Münchner Leben und die Gesellschaft portraitierte.

Bayersiches Nationaltheater OperIn den ersten Frühlingstagen gibt es für mich kaum etwas schöneres, als durch mein geliebtes München zu flanieren. Nach dem Weißwurstfrühstück im Weissen Bräuhaus, geht es weiter zum Pfeifen Huber, dann in ein Strassencafé hinter dem Hofbräuhaus und weiter über die Maximilianstrasse, die an diesem Freitag fest in der Hand sehr merkwürdig jugendlich gekleideter russischer Oligarchen ist. An der Oper dann kommen mir dunkle Anzüge, Abendkleider und sogar Smokings entgegen und bevölkern die sonnigen Treppen des Nationaltheaters. Es wird die Götterdämmerung gegeben. An einem warmen, sonnigen Frühlingstag. Ich überlege wie viele jetzt ihre sündteuren Karten gegen ein Weißbier in der Sonne tauschen täten.

Tambosi in München SonneIch schlendere an der Residenz vorbei, erkläre en passant einem amerikanischen Pärchen, dass sie dem falschen Löwen die Nase blank wischen und komme, die Feldherrnhalle links liegen lassend zum Tambosi, der Münchener Institution für den Sonnenanbeter. Aneinander gepfercht auf winzigen Stühlen, die man sonst nur von Elternabenden im Kindergarten kennt, sitzt die Münchner Szene in der Sonne, trinkt erstaunlicherweise immer noch Sprizz und reckt die Hälse nach der Sonne. Auch nichts für mich, ich gehe am Schumanns vorbei, der Staatsbibliothek und biege an der Ludwigskirche in die Schellingstrasse. Antiquariat Amalienstrasse MünchenHier wird es studentisch und ich kommen an den letzten Antiquariaten meiner Stadt vorbei und erwerbe ein kleines Büchlein über die Kunst des Tees, was ich dann in einem kleinen Café in der Türkenstrasse zu einer Tasse Cappuccino lese.

An der Kunstakademie sitzen die Künstler auf der Treppe und sonnen sich und zur Leopoldstrasse hin haben sie ein zwei Bienenstöcke aufgestellt, ob sie nun Kunst sind oder nicht, ich mag Bienen. Bienenstöcke an der Münchner KunstakademieIch flaniere die Allee entlang, statte der Hohenzollern einen Besuch ab und lande später im Café Münchner Freiheit, wo ich ein Pfeifchen und ein Weißbier in Gesellschaft eines weiteren grossen Münchner Flaneurs geniesse, dem Denkmal von Helmut Fischer – unserem Monaco Franze.
Später treffe ich dann meine Ehefrau – die beste von allen – und besuche das Kino Münchner Freiheit, eines der traditionellen Kuchenreuther Kinos, auch eine Münchner Legende, deren Webseite ich erstellen durfte.

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5 Antworten

  1. Selber Halbschlesier, immerhin bin ich ein Hugenotte, ein in München geborener … halt kein Bayer, wie du kein Westfale bist … Saupreiss, Schlesischer …

  2. Dunkle Anzüge und Abendkleider nach dem Weißwurstfrühstück? Ist dir da zeitlich was durcheinander geraten? Ansonsten netter Spaziergang;)Auch wenn das Schumanns nicht gerade neben der Stabi ist, aber das muß man den Auswärtigen ja nicht auf die Nase binden…

  3. Ich übersehe jetzt einmal den etwas peinlichen, primitiven Verbalaustausch der beiden vor mir Schreibenden, die – Münchner, Bayer oder sonst irgendeinem barbarischen Hintergrund entstamment- der Schilderung eines wundervollen Spaziergang durch meine Lieblingsstadt wohl nicht folgen können, da sie vermutlich nach den ersten Zeilen bereits ein Wörterbuch und einen Stadtplan benötigen.

    Alexander, herzlichen Dank. Johann Gottfried Seume nickt ebenfalls zustimmend und Syrakus wird zur Maxvorstadt. So oft habe ich ähnliche Spaziergänge unternommen und tue das fast immer noch einmal die Woche. Neulich folgte ich, begleitet von dem schönen Band über die geheimen Orte in München, einer besonderen Route. Gottseidank gab es in regelmäßigen Abständen fastenzeitgenehme Erholungsstationen, ansonsten wäre es doch zu gruselig geworden. Wir sehen uns.

  4. Liebe Jessica,

    ich wusste gar nicht, dass ich mich schon wie Dan Brown dem Beschuss der Plausibilitäts-Literatur-Kritik aussetzen muss, aber ich antworte gerne. Vom Schumanns zur Stabi braucht selbst der gemächlichste Flaneur nur 10 Minuten die Ludwigstrasse entlang – auf diesem kurzen Stück habe ich sogar noch den roten Radler gesehen (Alt OB Ude). Und wenn ich um 13:00 Uhr das Weisse Brauhaus verlasse, eine Pfeife im Gespräch mit Jens Meyer beim Pfeifen Huber rauche, dann noch zwei Weissbiere im Strassencafé zu mir nehme, bin ich gerade rechtzeitig an der Oper, die Besucher der Götterdämmerung um 16:00 Uhr zu erleben, die nicht auf den letzten Drücker eintreffen. Genug Erbsen vorgezählt?

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